Rede von Thomas Isecke auf der Versammlung am 23.1.2020 vor Schloss Burgau

„Sehr geehrte Damen und Herren, der ehemalige Präses der evangelischen Kirche im Rheinland, Peter Beier, hier aus Düren hat in seinem Buch „Übergänge“ einst folgendes geschrieben:

„Gedenkt!
Erinnert nicht nur!
Erinnerung atmet flach.
Gedächtnis atmet tief.
Erinnerung spielt sentimental.
Gedenken arbeitet schwer
und ist ein Werk des Glaubens, der weiß:
Vergangenheit ist nie vergangen,
Tote sind nicht nur tot,
im Haus wohnt das Gestern,
und die Zukunft braucht ein langes Gedächtnis.“

Auf diese Zeilen stieß ich, als ich den diesjährigen Holocaustgedenktag zu dem die Dürener Bürger gegen Rechts eine Veranstaltung am 27.01.2020 abhalten, vorbereitete. Warum zitiere ich Peter Beier? Warum mache ich hier Gedenken und Erinnern zum Thema, wo doch die AfD und andere Parteien, Gruppierungen und Vereinigungen vom rechten Rand ganz aktuell sind. Wo Menschen durch rechte Gewalttäter misshandelt und auch getötet werden?

Ich zitiere Peter Beier, weil sein Vermächtnis tagesaktuell ist. Viele haben schon von den „goldenen Zwanzigern“ des letzten Jahrhunderts gehört. Die Zwanziger wurden von den Menschen „golden“ genannt, die in jenen Jahren jung waren.

Es kam eine neue Musik auf und neuer Kleidungsstil. Die Menschen waren insgesamt freizügiger.

Was vielfach vergessen wird, ist der Umstand, dass in jenen Jahren das Geld immer weniger Wert hatte. So kostete ein Brot irgendwann in den Zwanzigern Billionen von Reichsmark. Notgeld wurde gedruckt. Es war ratsam, seinen Verdienst schon bei der Auszahlung des Lohnes auszugeben, weil das Geld am nächsten Tag wertlos war. Und dann der aufkommende Nationalsozialismus. Immer dreister wurden die braunen Genossen, während sich die anderen Parteien bar jeder Vernunft gegenseitig zerlegten und das System der Weimarer Republik immer instabiler wurde.
Die Menschen reagierten auf diesen instabilen Staat immer genervter. Man wollte eine starke Persönlichkeit in Deutschland.

Und dann kam Hitler.

In der Erinnerung wurden dann die goldenen Zwanziger draus. In der Erinnerung waren die Menschen es alle natürlich nicht schuld, dass Hitler an die Macht kam. Es waren natürlich nicht die Parteien. Es waren natürlich nicht die einzelnen Menschen. Natürlich stritt jeder ab, irgendetwas mit den Nazis zu tun zu haben.

Erinnerung atmet flach!

Doch Hitler kam an die Macht. Gewählt. Und mit Hilfe der meisten anderen Parteien konnte er den Notstand ausrufen und seine Macht zementieren. Seine einstigen Helfer ließ er ins Gefängnis bringen und viele von ihnen töten.

Und heute? Erneut haben wir „Zwanziger“ und erneut scheint sich alles um das verfluchte Geld zu drehen. Alles guckt auf den DAX und die anderen Börsenindizes. Wir verkaufen unsere Seele und diese Erde für ein paar Dollars oder Euros mehr. Unsere Parteien bieten keine wirkliche Heimat mehr.

Das Parteiengefüge ist durcheinandergeraten. Wer vertritt noch die Unternehmer, wer vertritt die Arbeitnehmer, wer ist konservativ und wer liberal? Ist es wirklich verwerflich links zu sein? Ist man dann bereits ein Kommunist? Die dritte Welt ist wie damals nur Rohstofflieferant. Dass dort Menschen wohnen, wird von uns weitestgehend mit einem Achselzucken quittiert.

Wir scheinen auf einem Vulkan zu tanzen und schneller und schneller. Und neuerlich hält eine Partei des extrem rechten Spektrums den Einzug in das oberste Parlament dieses Landes und in viele Länderparlamente. Gewählt von Wahlberechtigten dieses Volkes. Wahlberechtigte, die die Nase voll haben von den Parteien und diesem scheinbar schwachen System, Wahlberechtigten, die gezielt in Angst vor einer Bevölkerungsgruppe versetzt werden und endlich eine starke Persönlichkeit haben möchten, die Ihnen das Denken abnimmt.

Gedächtnis atmet tief!

Und wenn wir uns einmal ruhig zurücklehnen? Wenn wir uns anschauen, wo wir stehen?

Ja, wir leben nicht in einem perfekten System.
Ja, es gibt vieles, was verbesserungswürdig ist.

Dazu zählen auch unsere Parteien. Diese Parteien abzulehnen ist jedoch ein einfacher Schritt. Tragt Eure berechtigte Meinung und Kritik doch rein in die Parteien!

Setzt Euch mit diesem Staatswesen aktiv auseinander!

Ich fordere, dass dieses Volk endlich Verantwortung für sich selber übernimmt und aufhört, immer nur aus dem Sessel heraus zu meckern. Wir brauchen nicht nur Schönwetterdemokraten, sondern auch und vor allem Menschen, die für die Ideen dieses Landes einstehen, wenn es unbequem wird.

Dass die Stadt Düren eine Bannmeile um das Schloss errichtet hat, um diese Partei, die heute da ihren Neujahrsempfang abhält, während in Yad Vashem erstmalig ein Bundespräsident spricht, um der Shoa zu gedenken, ist Geschmackssache.

Auch die AfD gehört dem Parteienspektrum an und hat ein Recht auf eine Parteiveranstaltung.

Nichtsdestotrotz haben wir eben auch das Recht, unseren Protest gegen extrem rechtes Gedankengut lauthals und bunt und friedlich darzulegen. Dass ausgerechnet die AfD dann aber heute- am Holocaustgedenktag – hingeht und gegen linke Gewalt demonstriert, empfinde ich als pure Provokation. Nicht nur, dass dieses Datum historisch belastet ist, an dem den Millionen Menschen gedacht wird, die aufgrund der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft auf grausame und unrechtmäßige Art und Weise ihr Leben verloren haben.

Nein, wir erleben es, dass immer mehr Bürgermeister dem rechten Mob nicht standhalten und lieber ihre Ämter niederlegen, als sich beständigen, belastenden Drohungen auszusetzen.
Wir erleben, dass ein Landrat durch einen rechten Sympathisanten ermordet wird und dass eine Synagoge angegriffen wurde und willkürlich Menschen durch einen Rechten getötet werden.

Und die AfD in Düren? Lauthals rufen Sie MIMIMIMIMI…. Die haben mir ins Ohr gepfiffen, oder… die haben mir ins Gesicht gefilmt….

Wenn man ihnen zuhört, sind das alles total missverstandene Opfer!

Und weil Sie in der Burg ein geschütztes Biotop haben, gehen Sie nach draußen, damit sie auch ja der Presse und sich selbst beweisen können, dass es Menschen gibt, die sie lautstark ablehnen. Ich hoffe dabei nur, dass die Presse nicht nur über den inszenierten AfD Klamauk berichtet, sondern auch über uns friedliche Demonstranten, die der AfD zeigen, dass wir sie nicht wollen. Kaum eine Partei hat eine so gute PR-Abteilung wie die AfD. Aber in Demagogie waren die Rechten ja schon immer gut.

Ich würde sehr viel dafür geben zu wissen, wo die das Geld für diese gigantische Meinungsmachefabrik her haben.

Sie führen einen Medialen Krieg gegen den WDR für ein satirisches Lied.

Sie führen eine Kampagne gegen die GEZ (vermutlich um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk der ihnen ein Dorn im Auge ist, zu zerstören).

Sie treten medial wirksam auf gegen Umweltschützer und schüren Ängste um unsere Wirtschaft, während die gequälte Welt brennt.

Kein Mittel und kein Thema ist ihnen zu schade, um die Menschen in Angst und Unsicherheit zu bringen.

Was gegen diese Angstmacher hilft ist Wissen und Mut. Wir müssen uns noch besser informieren und wir müssen den Mut haben für Veränderungen. In dem Moment, wo wir stark sind durch unser Wissen und unseren Mut, haben diese blauen Schlümpfe da hinten keine Chance mehr.

Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger

Lassen Sie uns dieses Land vor dem braunen Mob schützen. Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Demokratie, dass dieses Land in falsche Verhaltensweisen verfällt.

Wir müssen stark sein und unsere Meinung nach außen tragen. Dabei haben wir untereinander weitaus überwiegend nicht die gleiche Meinung. Auch hier zeigt sich die Pluralität der Menschen. Viele sagen, dass wir zerstritten sind.

Doch das ist nicht so. Denn in einem sind wir uns alle einig! Wir können links sein, grün, gelb, konservativ…

Aber niemals braun.

· Wir wollen ein buntes Düren.
· Wir wollen ein buntes Nordrhein-Westfalen.
· Wir wollen ein buntes Deutschland.“

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