Liebe Menschen aus Düren und Umgebung,
mein Name ist Ute Nebel und ich bin Mitglied im Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt.
Ich darf heute hier noch einmal sprechen und möchte Sie an ein paar meiner Gedanken teilhaben lassen.
Wir alle oder fast alle, die wir hier stehen, machen uns Sorgen um unsere Demokratie und um die Sicherheit der Menschen, die hier leben, im Bewusstsein, dass in diesem Land schon einmal eine Demokratie in kurzer Zeit ausgehebelt worden ist. Und 12 entsetzliche Jahre mit millionenfachen Morden, einem Weltkrieg und unzähligen weiteren Greueltaten folgten auf die Ereignisse von 1933.
Ich habe überlegt: Wie war das nochmal 1933? und habe es noch mal nachgelesen.
Ich war wieder völlig erschrocken über die Vorausplanung der NSDAP vor der sogenannten „Machtergreifung“. Und über ihre Skrupellosigkeit in der Missachtung von Gesetzen, ihre Gewalttätigkeit und die rasende Geschwindigkeit, mit der Hitler und seine Gefolgsleute nach seiner Ernennung zum Reichskanzler am 30.Januar 1933ihre Macht missbrauchten und sie weiter ausbauten.
Dabei hat es Chancen gegeben, die Weimarer Republik zu retten. Die beiden letzten sind an diesem 30. Januar 1933 selbst verspielt worden.
Die erste am Morgen des 30. Januar 1933 vom Vorsitzenden der DNVP Hugenberg: Als er mit Hitler über dessen Pläne zur Neuwahl am 5. März und das Ermächtigungsgesetz sprach, hat er dazu nicht nein gesagt.
Die zweite Möglichkeit verspielte von Hindenburg kurze Zeit später, denn er ernannte Hitler zum Reichskanzler, was er nicht hätte tun müssen.
Ich möchte dazu noch etwas von Krautreporter.de zitieren. „Extremisten kommen an die Macht, weil sie an die Macht gelassen werden!“
Danach geht alles sehr schnell: nur zwei Tage später am1. Februar 1933 löst Reichspräsident von Hindenburg den Reichstag auf.
Nach zwei weiteren Tagen am 3.Februar 1933 verkündet Hitler seine Pläne zur sogenannten „Eroberung neuen Lebensraums im Osten und dessen Germanisierung.“
Wiederum nur einen Tag später am 4. Februar 1933 werden die Presse- und Versammlungsfreiheit eingeschränkt durch die sogenannte „Verordnung zum Schutz des deutschen Volkes“.
Am selben Tag wird die Auflösung der Gemeindevertretungen und der Gemeinderäte angeordnet und zahlreiche Gemeinderäte und Bürgermeister werden verhaftet.
Neuwahlen werden für den 5. März 1933 festgelegt.
Nur 18 Tage später am 22. Februar 1933 werden 50.000 SS und SA- Schläger zu sogenannten „Hilfspolizisten“ erklärt und ihr Straßenterror wird damit legalisiert.
Es folgt der Reichstagsbrand am 27. Februar 1933. Als Brandstifter wird ein kommunistisch aktiver Mann identifiziert, dessen Täterschaft bis heute nicht wirklich bewiesen ist.
Bereits am nächsten Tag am 28. Februar 1933 wird die sogenannte „Reichstagsbrandverordnung“ erlassen und damit werden die Grundrechte der Weimarer Verfassung außer Kraft gesetzt, nämlich das Verbot von Beschränkungen der persönlichen Freiheit, die Unverletzbarkeit der Wohnung und das Recht aus Eigentum. Die sogenannte „Schutzhaft“ wird damit legalisiert.
Die vermeintliche Täterschaft des kommunistischen Brandstifters dient als Vorwand für eine Welle des Terrors und der Gewalt. Politische Gegner werden verhaftet, inhaftiert, gefoltert, ermordet.
Vier Wochen sind seit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler vergangen.
Bei den Neuwahlen am 5. März verfehlt die NSDAP die Mehrheit und erringt sie nur mit Hilfe der konservativen DNVP.
Drei Tage später am 8.März 1933 werden die Reichstagsmandate der KPD für erloschen erklärt und damit ist die Zweidrittelmehrheit für den Beschluss des sogenannten „Ermächtigungsgesetzes“ gesichert.
Am 21 März 1933 wird das KZ Oranienburg bei Berlin errichtet, einen Tag später das KZ Dachau, hier werden vor allem politisch anders Denkende inhaftiert.
Wiederum nur einen Tag später, am 23. März 1933, nicht einmal acht Wochen sind seit der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler vergangen, stimmt der Reichstag über das sogenannte „Ermächtigungsgesetz“ ab, das die Legislative in die Hände der Regierung legen soll.
Die Abgeordneten der KPD sind schon nicht mehr dabei und Teile der SPD-Abgeordneten fehlen ebenfalls wegen ihrer Verhaftung oder weil sie untertauchen mussten. Außer den anwesenden SPD-Abgeordneten stimmen alle Reichstagsmitglieder für dieses Gesetz.
Während der Abstimmung sind bewaffnete SS und SA-Schläger im Raum anwesend.
Eigentlich wollte ich mir das ganze Jahr 1933 für heute anschauen und nachlesen, aber nach nicht einmal acht Wochen nach der sogenannten „Machtergreifung“ hatte ich genug und es war mir elend zumute.
Ich dachte mir: Wie kriege ich jetzt bloß die Kurve zu heute und warum wir heute hier stehen?
Was ist heute anders als damals?
Heute gibt es Fake News oder einfacher gesagt mehr veröffentlichte Lügen, Verzerrungen und verdrehte Tatsachen.
Heute kann dank der neuen Medien nicht mehr so Vieles ungehört und ungesehen geschehen
Heute sind Frauen mehr gleichberechtigt als 1933 und auch sichtbarer und lauter in der Öffentlichkeit.
Heute leben wir seit 76 Jahren in einer föderalistischen Demokratie, die in unserem Grundgesetz definiert wird. Hoffentlich sind damit unsere Freiheit, die Gewaltenteilung, die Redefreiheit, die Versammlungsfreiheit und vieles andere mehr besser geschützt als die Verfassung der 13 Jahre jungen Weimarer Republik damals.
Heute wissen wir, was passieren kann, wenn Populisten laut werden und zerstörerische Kräfte wachsen, die unsere Demokratie abschaffen wollen.
Hier noch ein Zitat von Krautreporter.de:
„Es gibt zu jedem Zeitpunkt tausend (…) taktische und egoistische Gründe, mit Demokratiegegnern zusammenzuarbeiten. Aber die ganze Zeit über gibt es immer einen großen, guten Grund, es nicht zu tun, (…) : Am Ende fressen die Radikalen dich auf.“
Lassen Sie uns deshalb aufmerksam, wachsam und aktiv aber auch zuversichtlich bleiben, dass unsere Demokratie den Angriffen standhalten kann. Denn wir sind immer noch die Mehrheit, die demokratische Mehrheit.
Bitte wählen Sie eine Partei, der der Erhalt unserer Demokratie und damit die Menschenrechte, unsere Wahlmöglichkeiten, unsere Teilhabe, das Asylrecht, die Gleichberechtigung und die Würde aller Menschen in diesem Land wichtig sind.
Vielen Dank, dass Sie mir zugehört haben.