Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Verbündete zum Erhalt der Demokratie!
Mein Name ist Ludger Bentlage ich spreche hier und heute für den Deutschen Gewerkschaftsbund.
„Nie wieder Krieg“ – das ist und bleibt die Grundüberzeugung des DGB und unserer Mitgliedsgewerkschaften. Jeder Krieg ist ein Angriff auf die Menschheit und die Menschlichkeit. Krieg zerstört Menschen, Krieg zerstört Heimat. Wir Gewerkschaften erinnern am 1. September daran, dass vor nun mehr 85 Jahren – am 1. September 1939 – die faschistische deutsche Wehrmacht Polen überfallen und damit den zweiten Weltkrieg begonnen hat.
Unsere eigene Organisationsgeschichte hat uns gelehrt, wie wichtig es ist, für die Demokratie zu kämpfen. Denn in einer Diktatur gibt es keine freien Gewerkschaften. Viele meiner damaligen Kolleginnen und Kollegen sind gefoltert und ermordet worden. Und deshalb werden wir Gewerkschaften immer die Demokratie gegen jeden Angriff von Faschisten, Rassisten, Neonazis und Populisten Seite an Seite mit allen Demokratinnen und Demokraten die Demokratie verteidigen.
Und deshalb sind wir selbstverständlich auch heute hier! Viele Jahre haben wir dieses Erinnern mit der Botschaft verbunden: Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus. In diesen Zeiten erfahren wir schmerzlich:
Nie wieder ist jetzt!
Frieden wird derzeit in immer weitere Ferne gerückt. Uns alle treibt um, dass wir mehr und mehr in eine kriegerische Gewaltspirale geraten. Mit dem verbrecherischen Überfall der russischen Armee auf die Ukraine ist der Krieg in Europa zurück – und dauert jetzt schon über zwei Jahre an.
Im Nahen Osten hat der brutale Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023 einen schrecklichen Krieg ausgelöst. Zehntausende Opfer sind mittlerweile zu beklagen, die Zivilbevölkerung in Israel aber eben auch ganz besonders im Gaza-Streifen erlebt unvorstellbares Leid.
Und in Afrika haben Militärputsche und dschihadistische Gewalt zu neuen blutigen Kämpfen und vielen Toten geführt. Die Gewaltspirale dreht sich immer stärker – da sollte man meinen, dass die Suche nach Friedensperspektiven Konjunktur hat. Aber das ist leider nicht der Fall.
Im Gegenteil: Die Politik fällt in großen Teilen und in mehr und mehr Ländern in alte Denkmuster zurück. Obwohl die Mehrheit der Bevölkerung kritisch ist, dreht sich die öffentliche Debatte vor allem um: Kriegstüchtigkeit und Waffenlieferungen.
Krieg von wem auch immer, ist und bleibt ein Verbrechen.
Das Risiko eines großen Krieges zwischen den Atommächten wächst und bedroht die Menschheit weltweit. Deshalb: Der Atomwaffenverbotsvertrag muss endlich auch von Deutschland unterzeichnet werden!
Frieden wird nicht mit immer mehr Waffen erreicht! Das Gegenteil ist der Fall.
Von Willi Brandt der den zweiten Weltkrieg miterlebt hat, können wir lernen: Gerade in Zeiten des Krieges müssen wir am Undenkbaren festhalten. Wir brauchen Friedensperspektiven! Wir feiern in diesem Jahr auch 75 Jahre Grundgesetz. Und am Anfang unseres Grundgesetzes steht das Friedensgebot, das uns verpflichtet, ich zitiere „als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen.“ Wir fordern die Bundesregierung auf, dieses Friedensgebot wieder mit Leben zu füllen! Schritte in diese Richtung gibt es: Zum Beispiel indem Deutschland an der Zwei-Staaten-Lösung für Nahost festhält und gemeinsam mit Partnern eine Waffenruhe im Gaza-Streifen anstrebt.
Und auch mit ihrer Beteiligung an der Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine und der internationalen Friedenskonferenz in der Schweiz hat die Bundesregierung richtige diplomatische Weichen gestellt. Von solchen Initiativen brauchen wir mehr!
Es gilt: Frieden zu schaffen ohne Waffen!
Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Mitstreiterinnen
nicht nur die Lage weltweit, sondern auch bei uns in Deutschland fordert uns Demokrat*innen mehr denn je. Klar ist: Demokratie, Freiheit und soziale Gerechtigkeit sind Voraussetzung für einen dauerhaften und echten Frieden in unserem Land. Derzeit erleben wir, dass rechtsextreme Kräfte diese Werte infrage stellen und Rassismus und Intoleranz wieder salonfähig werden.
Wir erleben, dass das Vertrauen in Politik und in demokratische Lösungen schwindet.
Morgen sind Landtagswahlen in Thüringen und in Sachsen. Wir alle haben da große Befürchtungen. Und deshalb erwarte ich von demokratischen Politiker*innen, dass sie aufhören den Menschen einfache Lösungen vorzugaukeln und Menschen gegeneinander auszuspielen.
Scharfe Töne, um die Abschiebedebatte zu befeuern, bewahrt uns nicht vor weiteren Terroranschlägen, wenn Behörden in der Praxis versagen und die Gesellschaft immer aggressiver wird.
Der Nährboden der Faschisten muss ausgetrocknet werden!!!
Ich erwarte, dass Schluss ist mit den faulen Versprechungen und das endlich wieder an einer guten Zukunft gearbeitet wird. Dauerhafter Frieden kann nur durch Investitionen in soziale Gerechtigkeit und Demokratie gesichert werden – und auch das gilt nicht nur national, sondern weltweit.
Wir leben in einem reichen Land. Wir haben so viele Möglichkeiten, eine gute Zukunft zu gestalten.
Die Hans Böckler Stiftung hat einmal analysiert warum so viele ArbeiterInnen die Faschisten wählen. Bettina Kohlrausch weist darauf hin, wie wichtig Erfahrungen im Erwerbskontext sind, da sie immer auch eine Erfahrung von Teilhabe oder verweigerter Teilhabe sind. Ein weiterer Untersuchungsschwerpunkt waren die Transformationssorgen in Bezug auf Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Diese Sorgen waren in der Umfrage besonders häufig in den unteren Einkommensgruppen präsent und sind eng verknüpft mit Wahlpräferenz für rechte Parteien. Bettina Kohlrausch betont, dass diese Sorgen sehr ernst genommen werden müssen: Diejenigen, die eh schon nicht besonders sicher sind in ihrer sozialen Position, fühlen sich von Transformationsprozessen viel stärker bedroht. Sie werden diesen Weg nicht mitgehen, wenn es nicht gelingt, sie sozial so einzubetten, dass ihnen diese Angst genommen wird. Das ist ein Befund mit viel Sprengpotenzial, der politischen Handlungsdruck deutlich macht, so Bettina Kohlrausch.
Schlechte Arbeitsbedingungen sind ein Nährboden für das Entstehen von antidemokratischen Einstellungen. So Andreas Hövermann „Die Menschen mitnehmen und die Arbeitsbedingungen verbessern wäre ein Schritt um diese KollegInnen den Rattenfängern zu entreißen“. Das geht aber nur, wenn solidarische Lösungen wieder die Grundlage werden.
Das heißt auch, dass die starken Schultern und großen Vermögen jetzt auch ihren Beitrag leisten müssen. Und ich erwarte von demokratischen Politiker*innen, dass sie sich nicht treiben lassen von Rechtspopulisten und Rechtsextremen, die unsere demokratischen Werte in Frage stellen.
Wer Ängste schürt und Rassismus und Intoleranz befeuert, der vergiftet unserer Demokratie. Wir brauchen nicht mehr Nebelkerzen, wir brauchen gute Lösungen für eine gute Zukunft.
um Abschluss ein Satz von Tucholsky der gleich am Eingang des Museums in Rheinsberg steht. Der Mann hat vieles geschrieben, das auch heute des Nachdenkens Wert ist. Und damit möchte ich schließen, damit wir alle was zum Nachdenken, vielleicht auch zum Streiten haben. Ich zitiere: „Es kommt nicht darauf an, dass der Staat lebe – es kommt darauf an, dass der Mensch lebe“.