Buch: Lügendetektor

Das Buch „Lügendetektor: Vernehmungen im besiegten Deutschland 1944/45“ ist ein ebenso beeindruckendes wie unbekanntes Werk. Zurecht meinen Leser des Werkes, dass es in Schulen als Charakterstudie dienen sollte – doch zuerst einmal zum Buch selber.

Der Autor, Saul K. Padover, berichtet aus seiner Zeit beim US Militär. Er war im Bereich psychlogischer Kriegsführung tätig und fuhr, quasi hinter der Frontlinie her, durch das gerade eroberte Deutschland. Sein Ziel: Durch „Interviews“ der deutschen Bevölkerung herauszufinden, wie man denkt und wo Schwächen liegen, vor allem unter dem Aspekt der militärischen Beeinflussung noch nicht eroberter Gebiete.

Auf dem Umschlag zum Buch ist folgendes zu finden:

„Trotz meines tiefen Abscheus vor den Nazis und meiner grenzenlosen Verachtung für Hitler und seine Anhänger war ich stets bemüht, persönliche Gefühle und objektive Fakten auseinanderzuhalten“

Nun, ich denke, der Autor schafft dies nicht. Und genau hier liegt die Stärke des Buches – neben den erschreckenden Einblicken in die Aussagen der interviewten Deutschen. Padover schreibt am Anfang nüchtern, trocken und objektiv. Doch mit zunehmender Kapitelzahl merkt man, wie der Autor sich wandelt, zwar noch reflektiert über sich selbst, wohl aber immer mehr die Grenze zwischen Meinung und Erlebtem zerfliessen lässt. Es geht hier um das Nazi-Regime, um die Verführung und Verblendung eines Volkes, keine Frage. Doch es geht auch um den einzelnen, der – wie auch immer – davon berührt, abgestossen aber auf jeden Fall in irgendeiner Form verändert wird. Auf Amazon habe ich in einer Rezension einen zutreffenden Absatz gefunden, den ich hier zitieren möchte, den er legt perfekt nahe, wie das Buch (und mithin der Autor) sich im Laufe der Seiten entwickelt:

Während der Charakterstudien, die Padover durchführt, entwickelt sich das Buch selbst zur Charakterstudie über den Autor. Der Amerikanische Offizier, der offen für die Meinungen anderer ist, und bis zu seiner Abreise eine enorme Wut auf ein Land und seine Bewohner entwickelt, in der amtliche Formulare und Ordnung heilig sind, während man gleichzeitig Menschen wegen Glaube, Herkunft oder Meinung ermordet.

Das Buch, die Geschichte des Erlebtem macht eine Menge mit dem Leser: Es berührt, schockiert, stösst ab und fasziniert in seiner erzählenden Art und Weise, die schlicht unter die Haut geht.

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