Wir stehen heute hier, Mary Hüttel und Sophie Charlemagne, im Namen unseres Vereins Frauen helfen Frauen Düren e.V. und für alle Frauen und Menschen.
Wir stehen hier für eine Gesellschaft ohne Gewalt und Diskriminierung.
Wir bedanken uns beim Dürener Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt für seine Arbeit für die Demokratie und für die Möglichkeit hier zu sprechen.
Wir sind dankbar, dass Sie uns zuhören. Zu oft und schnell gerät es in Vergessenheit, wie nahe uns doch die alten Zeiten sind, in denen wir als Frauen in der Politik nichts zu sagen hatten – und wie viele Menschen es noch immer gibt, die Frauen nicht achten und Ernst nehmen – hier in Deutschland und überall auf der Welt.
Die Frauen, die unsere Mitarbeiterinnen beraten, und die Frauen, die in unserem Dürener Frauenhaus Schutz suchen, sind Frauen, die Gewalt erfahren haben. Der Schutz vor Gewalt gegen Frauen hat eine tiefgreifende Verbindung zu unserer Demokratie – das steht außer Frage, denn durch Gewalt werden grundlegende Menschenrechte und die Gleichstellung von Geschlechtern verletzt. Seit Jahrzehnten kämpfen Fachberatungsstellen für die Überwindung häuslicher sowie sexualisierter Gewalt.
Leider zeigen die Zahlen trotzdem noch etwas Anderes:
2023 wurden von der Polizei in Deutschland über 256.000 Fälle von Vergewaltigung und sexueller Nötigung und Übergriffe registriert, davon 99,9% an Frauen. Die Dunkelziffer der Betroffenen ist viel höher.
Fast jeden Tag sehen wir einen Femizid in Deutschland, – in 2023 wurde fast jeden Tag eine Frau von einem Mann getötet.
Alle drei Minuten erlebt eine Frau oder ein Mädchen in Deutschland häusliche Gewalt.
Jeden Tag werden mehr als 140 Frauen und Mädchen in Deutschland von einer Sexualstraftat betroffen. Sie sind Betroffene, weil sie Frauen sind.
Es ist wichtig zu betonen, dass Gewalt gegen Frauen ein systemisches Problem ist, das oft durch gesellschaftliche Normen und Machtverhältnisse verstärkt wird.
Die wichtigsten Ansätze gegen Gewalt an Frauen sind
- Aufklärung und Sensibilisierung,
- Augen offen halten,
- Schweigen brechen.
Aus den Erfahrungen der Frauen, die bei uns im Frauenhaus Schutz suchen, wissen wir, es gibt noch viel zu tun.
Wir sind froh, dass die Bundes- und Landesregierung sich die Notwendigkeit des Schutzes vor Gewalt immer mehr auf die Fahne geschrieben haben. Das Bundesministerium schreibt:
„Gewalt gegen Frauen ist ein massives Problem in unserer Gesellschaft. …..Die Zahlen lassen daran keinen Zweifel, der Staat muss Frauen davor besser schützen.“
Im Gegensatz zur jetzigen Situation, wo die Landes- und Bundesregierungen hinter den Bestrebungen von Frauen helfen Frauen und den Frauenhäusern stehen, haben wir große Sorge, dass ein Rechtsruck die Gefahr von Gewalt an Frauen erhöhen würde.
Der Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe in Deutschland hat ein Positionspapier von Fachberatungsstellen veröffentlicht zu sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt:
Bis weit in die Mitte der Gesellschaft verschreiben sich rechte Gruppierungen und Parteien vermeintlich dem Schutz von Frauen und Kindern vor Gewalt. Sie verfälschen Fakten und Realitäten, um rassistische Hetze zu betreiben.
Rechte und Rechtspopulist*innen zeichnen das Bild einer vermeintlich „heilen Gesellschaft“, mit der heterosexuellen Kernfamilie im Mittelpunkt.
Sie behaupten, dass hauptsächlich geflüchtete, migrierte oder nicht-weiße Männer Täter von Gewalt gegen Frauen und Kinder sind. Die kolonialen Bilder vom „übergriffigen Fremden“ werden bedient, um Ängste zu schüren, und die Gewalt innerhalb der Mehrheitsgesellschaft wird nicht benannt sondern relativiert.
Spezialisierte Fachberatungsstellen wissen jedoch aus ihrer Arbeit, dass sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt überall in der Gesellschaft ausgeübt wird. Sie kommt selten von außen. Der Großteil der Taten wird im sozialen Nahraum der Betroffenen geplant, verübt und verschleiert, in der Familie, dem Bekanntenkreis, Vereinen, Kitas, Schulen, am Arbeitsplatz und im Internet – egal ob mit oder ohne Migrationsgeschichte.
Die Behauptung, die meisten Täter*innen wären „Fremde“, erschwert die effektive Arbeit gegen Gewalt und steht der Prävention im Weg.
Trotz der besorgniserregenden Nachrichten vom Bundestag in den letzten Wochen gab es am letzten Freitag im Januar eine wegweisende gute Nachricht:
Der Entwurf des Gewalthilfegesetzes wurde von den demokratischen Parteien im Bundestag beschlossen! Es konkretisiert staatliche Schutzpflichten aus dem Grundgesetz und Verpflichtungen aus der Istanbul-Konvention.
Damit hat der Bundestag einen historischen Erfolg für Frauen und ihre Kinder erzielt, die von geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt betroffen sind. Recht auf Schutz und Hilfe – unabhängig vom Geldbeutel oder Wohnort.
Was hat unsere demokratische Regierung erreicht?
* 2,6 Milliarden Euro vom Bund für die Finanzierung des Gewalthilfesystems bis 2036 sorgen für mehr Schutzplätze, bessere Beratung und Stärkung der Präventionsarbeit.
⚖️* Rechtsanspruch auf Hilfe. Zum ersten Mal wird es ab 2032 bundesweit kostenfrei einen Rechtsanspruch auf Schutz, Beratung und Unterstützungsangebote geben
* Frauenhausaufenthalte werden für Frauen und ihre Kinder kostenfrei – in Zukunft muss keine Frau mehr selbst für ihren Frauenhausplatz bezahlen. Damit schaffen wir endlich die dringend benötigte finanzielle Absicherung für Frauenhäuser und Beratungsstellen, und keine Frau muss aus finanziellen Gründen auf Schutz im Frauenhaus verzichten.
Die Beschließung des Gewalthilfegesetzes im Bundestag ist das, was uns Mut machen sollte.
Wenn Frauen Gewalt erfahren, wird ihre Fähigkeit, aktiv am politischen und sozialen Leben teilzunehmen, eingeschränkt. Eine demokratische Gesellschaft muss sich daher aktiv gegen Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt an Frauen einsetzen, um sicherzustellen, dass alle Stimmen gehört werden und alle Menschen die Möglichkeit haben, ihre Rechte und Freiheiten zu genießen.
In einer funktionierenden Demokratie sollten alle Bürgerinnen und Bürger, unabhängig von Geschlecht und Herkunft, die gleichen Rechte und den gleichen Schutz genießen. Gewalt gegen Frauen ist nicht nur ein Verstoß gegen die Menschenrechte, sondern auch ein Hindernis für die volle Teilhabe von Frauen in der Gesellschaft. Lasst uns deshalb für unsere Demokratie kämpfen, damit auch Frauen und Kinder vor den unterschiedlichen Arten von Gewalt und Benachteiligung geschützt werden!